Inhalt aus dem Archiv der Mitteldeutschen Zeitung

Irrer Duft von Zweitakt-Benzin

NOSTALGIE IFA-Freunde Jessen und Gäste treffen sich zum zweiten Mal auf dem Mügelner Freizeitgelände.

VON H.- DIETER KUNZE

MÜGELN/MZ - Er waberte über das Freizeitgelände in Mügeln, der irre Duft und blaue Dunst von frischem Zweitakt-Benzin. Rausgepustet aus den Abgasrohren von Schwalbe, MZ, Trabant, Wartburg, Barkas und Co. Auch Schaulustige an der Strecke konnten davon eine Prise schnuppern: bei der Ausfahrt der Oldtimer-Enthusiasten am Samstag über 50 Kilometer durch den Altkreis. Veranstalter des Treffens waren die IFA-Freunde aus Jessen und Umgebung.

Wie im vergangenen Jahr ging ihr Konzept auf: Rund 200 Fahrzeuge wurden präsentiert, mindestens 500 Besucher zählten die Veranstalter. Mario Brettschneider aus Jessen hält die Fäden der lockeren Vereinigung von derzeit 25 IFA-Freunden in der Hand. IFA steht für Industrieverband Fahrzeugbau in der ehemaligen DDR. Bunt gefächert waren die Modelle, die man in Mügeln bestaunen konnte. Aufgereiht standen sie da, die Nestflüchter aus der Simson-Vogelfamilie: Spatz, Star, Schwalbe, Sperber sowie ihre "Vorfahren", die legendären Mopeds SR 1 und SR 2. Mancher Gast kriegte da ein schlechtes Gewissen: Warum habe ich mein Zweirad nach der Wende so eiskalt verschrottet?

Ganz zu schweigen von den Viertakt-Urgesteinen, die auch in der DDR, allerdings nur in geringen Stückzahlen, gebaut wurden. Wie die legendäre AWO, in Touren- und Sportausführung. Werner Guba aus Elster nennt so einen Exoten sein eigen, zwölf PS "stark", 247 Kubikzentimeter Hubraum, Baujahr 1953. Da ist die MZ TS 250 von Marita Schneider aus Radeberg wesentlich agiler. Mit Vater Ronald, er fährt ein TS-Seitenwagengespann, war sie aus Sachsen nach Mügeln gekommen. Die Maschinen herausgeputzt, eine wahre Augenweide. Marita gibt aber offen zu: "Papa wartet und putzt die Maschinen, ich genieße die staunenden Blicke der Leute an der Straße."

Nicht nur Zweiräder bestimmten das Bild beim IFA-Treffen. Das Trabbi-Team aus Grabo war stark vertreten. Wartburg, F 8 und F 9 waren dabei, ebenso Framo, der Vorgänger vom Kleintransporter und Bus B 1000. Heinz Ettlich aus Jessen fährt seit 1974 seinen Skoda mit Heckantrieb. Dass das Gepäck im vorn liegenden Kofferraum verstaut werden muss, damit könne er leben. Im Schlepp hatte er einen Anhänger, Baujahr 1972. Darauf fest verzurrt eine MZ mit 175 Kubik Hubraum. Ein echtes Raritätengespann also.

Dietmar Reichhardt aus Zerbst war mit einem Campi-Fix am Haken angereist. Das ausklappbare Zelt nutzt er noch immer für Urlaubsfahrten. Ein echter Hingucker: der Lkw L 60 von Mario Brandenburg aus Elster. Er war eine Ausführung für die Nationale Volksarmee, gebaut 1989 in Ludwigsfelde als einer der letzten Lkw mit Sechszylindermotor. Der Elsteraner hat den Kastenaufbau zu einem schicken, komfortablen Wohnmobil mit allem Drum und Dran umgebaut: Wohn- und Schlafraum, Kochstelle, Dusche, Vakuumtoilette sowie Kalt- und Warmwasserversorgung. Wohin es damit einmal gehen soll, ist am Aufbau zu sehen: Wladiwostok ist das Ziel. "Wann? Das kann ich noch nicht sagen", meinte er lachend.

Ronny Neubert aus Naundorf bei Seyda steht auf Multicar. Der Kipper ist schon toll restauriert. Viel zu tun hat er jedoch noch mit einem Juwel, das nur in ganz geringen Stückzahlen produziert wurde: ein Multicar mit Drehleiter.